November und Dezember 2000


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Kommentar

Gebremst

Die Region Stuttgart will
für die Verfechter der
Reaktivierung der Ne-
benbahnstrecke zwischen Lud-
wigsburg und Markgröningen
nicht die Kohlen aus dem Feuer
holen. Das wurde gestern bei
der Sitzung des Verkehrsaus-
schusses des Regionalparla-
mentes deutlich. Selbst die So-
zialdemokraten hielten sich zu-
rück, obwohl sie noch vor kur-
zem nassforsch die Übernahme
der Trägerschaft für diesen
Gleisstrang auf die Region be-
antragt hatten.
Die große Mehrheit des Re-
gionalparlamentes mochte
zwar die Hoffnung nicht ent-
täuschen, die die loka1en Reak-
tivierungsverfechter in sie set-
zen. Doch sie bremst gleichzei-
tig deren Erwartungen ganz ge-
waltig. Die Region tritt erst
dann als Träger auf, wenn alle
dies wünschen und die übrigen
Beteiligten ihren finanziellen
Beitrag zu Investitions- und Be-
triebskosten leisten.
Dieser Verzicht auf eine Kon-
frontation mit dem Kreis Lud-
wigsburg ist klug. Für die Regi-
on kann diese Nebenbahn nur
dann zur Erfolgsgeschichte
werden, wenn die geballte
kommunale Macht hinter dem
Projekt steht. Und danach
sieht's nicht aus. Günter Bächle

Copyright © LKZ 9.11.2000


Trägerschaft gilt als"zweitrangig"

Bahn Ludwigsburg - Markgröningen: Region will einvernehmen

(bä) - Die Region Stuttgart
sucht eine einvernehmliche Lö-
sung für die Reaktivierung der
Bahnstrecke Ludwigsburg-
Markgröningen zur Personenbe-
förderung. Das soll auch für die
Trägerschaft dieses Projektes
gelten.
Darauf verständigte sich ges-
tern der Verkehrsausschuss des
Regionalparlamentes. Die Über-
nahme der Trägerschaft auf die
Region wird, zumindest nach
Auffassung der Mehrheit des
Gremiums, nicht erzwungen. Mit
den Kommunen und dem Land-
kreis Ludwigsburg soll eine Lö-
sung auch in dieser strittigen
Frage gesucht werden.
Die Trägerschaft liegt derzeit
beim Landkreis. Möglingen lehnt
das 25 Millionen Mark teure Pro-
jekt nach jetzigem Stand ab, die
Stadt Ludwigsburg verhält sich
eher reserviert, allein Markgrö-
ningen ist .voll dafur. Entschei-
dungen der Kreisgremien stehen
aus.
Ein Beschluss über die Träger-
schaft wäre verfrüht, sagten
CDU-Regionalrat Oliver Schenk
(Bietigheim-Bissingen) und
FWV-Sprecher Bernhard Maier,
Landrat in Böblingen. Schenk
plädierte für einen Dialog mit al-
len Beteiligten. Nach Maiers Mei-
nung bringt ein Beschluss der
Region über die Trägerschaft
nichts, solange die kommunale
Seite ihre - auch finanzielle -
Mitwirkungsbereitschaft nicht
erklärt.
Obwohl ein Ende September
von der SPD-Regionalfraktion
gestellter Antrag auf Übernahme
der Trägerschaft durch den Ver-
band Region Stuttgart vorlag,
sieht die sozialdemokratische
Regionalrätin Regina Kopp
(Steinheim) die Region nur in ei-
ner Moderatorenrolle."Die Trä-
gerschaft ist zweitrangig."
Ob die Reaktivierung der Stre-
cke Ludwigsburg-Markgrönin-
gen unter der Regie der Region
oder des Kreises geschieht, soll
nach Auffassung von Regional-
direktor Dr. Bernd Steinacher
"kein Politikum" werden. Er hal-
te eine regionale Trägerschaft je-
doch für möglich.
Nach Steinachers Meinung ist
dieser 8,5 Kilometer lange Gleis-
strang regionalbedeutsam - die
gesetzliche Voraussetzung dafür,
dass die Begion als Träger auf-
tritt. Allerdings ließ der Landtag
bei der Novellierung des Geset-
zes über die Region Stuttgart die
Auslegung dieses Begriffes offen,
was Bernhard Maier bedauerte.
Steinacher sagte, das baden-
württembergische Umweltminis-
terium halte es zumindest nicht
für ausgeschlossen, dass diese
Schienenverbindung regional
von Bedeutung ist. Für Grünen-
Sprecher Alexander Ludwig
(Weissach im Tal) ist alles ganz
klar: "Regionaldeutsam ist, was
wir als solches bezeichnen."
In die angestrebten Gespräche
will die Region auch Überlegun-
gen einbringen, die Strecke von
vornherein bis nach Böblingen
oder Waiblingen zu verlängern.
Der Hintergrund: Die Region ver-
sucht Querverbindungen im be-
stehenden Schienennetz zu
schaffen. Diese Tangentialstre-
cken sind auch in einem 1996
vorgelegten Gutachten untersucht
worden, das die drei Kommunen
und der Landkreis in Auftrag ge-
geben hatten. Allerdings ist die-
ses Papier nach Meinung der Be-
gion stellenweise schon veraltet.
So hatten sich die Randbedin-
gungen stark geändert durch die
Einführung des 15-Minuten- Tak-
tes bei der S-Bahn, durch billige-
re und leistungsstärkere Fahrzeu-
ge sowie durch die "S 60", die
zum 1. Januar 2004 zwischen
Renningen und Böblingen ver-
kehren soll. Offen sei, ob eine
neue Tangentialverbindung zwi-
schen Markgröningen, Ludwigs-
burg, Zuffenhausen, Böblingen
und Dettenhausen durch die "S
60" noch genügend Fahrgäste
haben würde. Der Ausschuss
hatte zuvor den Plänen für die "S
60" zugestimmt.
Notwendig seien jedenfalls de-
tailliertere Untersuchungen, die
aber erst erfolgen sollen, wenn
die erhoffte einvernehmliche Lö-
sung erreicht wurde.

Copyright © LKZ 9.11.2000


Über die Bahnreaktivierung wird vorerst nicht mehr gestritten

Rund 150 Besucher bei der Bürgerversammlung - Verkehr stand im Mittelpunkt - Sorgen wegen Busverbindungen

(Auszug)

Die Diskussion über eine Reakti-
vierung der Bahnstrecke Markgrö-
ningen-Ludwigsburg verlief entge-
gen einigen Befürchtungen sehr ru-
hig. Der Schultes erklärte nochmals
die ablehnende Haltung der Ge-
meinde. "Momentan hat das Vorha-
ben für uns mehr Nach- aIs Vortei-
 
le", sagte Weigele. Die Anzahl der
Fahrgäste würde nur sehr gering
ansteigen, dafür aber die Anbin-
dung an den öffentlichen Nahver-
kehr für einige Wohngebiete sich
deutlich verschlechtern. Trotzdem
wolle sich die Gemeinde intensiv
an den weiteren Planungen beteili-
gen.
In den Gutachten war von ca. 800 zusätzlichen Fahrgästen im Falle der Reaktivierung die Rede, das sind, 2 Personen pro PKW angenommen (statistisch ist jeder PKW im Berufsverkehr mit 1,8 Personen besetzt) 200 PKW täglich weniger auf der Strasse. Ob man das als gering bezeichen kann? Und in der Praxis hat sich gezeigt, daß die Zahlen in den Gutachten bei anderen Bahnen weit übertroffen wurden.
Die Befürchtungen von Verwal-
tung und der Mehrheit des Ge-
meinderats werden offensichtlich
auch von vielen Bürgern geteilt. In
mehreren Wortmeldungen äußer-
ten sie Befürchtungen, dass sich
das bestehende Bussystem nach ei-
ner Reaktivierung der Bahnstrecke
verschlechtern könnte. So sei der
 
Fußweg für die Möglinger Schüler
vom Markgröninger Bahnhof bis zu
den dortigen Schulen nicht akzep-
tabel. Auch das geplante Abschaf-
fen von Bushaltestellen im Ort
sorgt die Möglinger Bürger. Eber-
hard Weigele betonte, dass auch bei
der Reaktivierung des Schienenver-
kehrs das bestehende Niveau erhal-
ten bleiben soll
Abgesehen davon, daß der Fußweg vom Bahnhof Markgröningen zum Schulzentrum auch nicht weiter ist, als von den westlichen Wohngebieten Möglinges zu den Möglinger Schulen, muss bedacht werden, daß die meisten Schüler aus Möglingen nicht mit dem Linienbus zu den Markgröninger Schulen fahren, sondern mit extra eingesetzten Verstärkerbussen, die ebenso gut und mit weniger Aufwand zwischen dem Bahnhof Markgröningen und den Schulen pendeln könnten, man muss es nur wollen..

Copyright © LKZ 13.11.2000


"Bedeutsamkeit" bleibt umstritten

Bei Reaktivierung wird die Region Stuttgart nicht federführend sein

{fe) - Geht es nach den Grünen
im Kreistag, soll zukünftig die
Region Stuttgart federführend
tätig sein bei den Verhandlun-
gen zur Reaktivierung der Bahn-
strecke nach Markgröningen.
Doch die Mehrheit will, dass
ausschließlich im Landkreis die
Entscheidungen fallen.

Es ist eine grundsatzliche Fra-
ge: Was heißt regional bedeut-
sam? Darüber wurde in den ver-
gangenen Monaten in der Region
heftig gestritten. Denn ist ein
Verkehrsprojekt erst einmal mit
diesem Attribut versehen, liegen
Finanzierung und Zuständigkeit
beim Verband Region Stuttgart.
Genau das wollen die Grünen im
Kreistag erreichen. Und genau

das wollen Verwaltung und
Mehrheit im Ausschuss für Um-
welt und Technik verhindern. In
der vergangenen Sitzung wurde
ein Antrag debattiert, den Grüne
und SPD ursprünglich gemein-
sam gestellt hatten.
Ausgangspunkt dafür war die
verfahrene Situation bei der Re-
aktivierung der Bahnstrecke zwi-
schen Ludwigsburg und Mark-
gröningen. Vor allem die Ge-
meinde Möglingen sieht in einer
Bahnlinie keine Vorteile. Viel-
mehr befürchtet sie, dass mit
dem Reduzieren der bestehen-
den Busverbindungen sich die
ÖPNV-Situation verschlechtert.
Um den Zug doch noch auf die
Gleise zu bringen, wurde die Be-
gion mit ins Spiel gebracht. De-
ren Chef, Dr. Bernd Steinacher,
deutete im Sommer an, dass er
sich eine leitende und zahlende
Rolle durchaus vorstellen kön-
nen. Nach einem Sturm der Ent-
rüstung rudert die Region inzwi-
schen wieder zurück.
Daher kann sich die SPD-Frak-
tion auch mit dem Vorschlag von
Landrat Dr. Rainer Haas anfreun-
den, dass eben weiterverhandelt
wird - mit der Region am Tisch.
Das war den Grünen eindeutig
zu wenig. "Es handelt sich bei
dem Vorhaben eben nicht nur
um ein Buskonzept und daher ist
es regional bedeutsam", sagte
der Tammer Grünen-Rat Daniel
Renkonen.
Der Landrat wies darauf hin,
dass die regionale Bedeutsamkeit
kein rechtlich definierter Begriff
sei und daher der Landkreis gar
nicht darüber befinden könne.
Darauf wollte sich Renkonen
nicht einlassen. Die Mehrheit im
Ausschuss schon und stimmt
deutlich gegen das Ansinnen der
Grünen.

Copyright © LKZ 22.11.2000


Verkehrsbelastung war dringlichstes Thema

Grünen-Vertreter im Gespräch mit Bürgermeister Eberhard Weigele

Bei einem Gespräch zwischen
dem Landtagsabgeordneten der
Grünen Jürgen Walter, der Grünen-
Rätin in Möglingen Brigitte Muras
und Bürgermeister Eberhard Wei-
gele war die Verkehrsbelastung in
Möglingen das Thema Nummer
eins.

Eberhard Weigele erhofft sich ei-
ne deutliche Besserung von dem
LKW- Durchfahrtsverbot, das seit
Anfang diesen Monats versuchs-
weise für ein Jahr gilt. Fur ein wei-
tergehendes Durchfahrtsverbot
müsse allerdings die Weinstraßen-
kreuzung umgebaut werden.
Jürgen Walter, der sich fur ein
LKW-Durchfahrtsverbot stark ge-
macht hatte, fragte bereits beim
Umweltministerium nach bis wann
die Kreuzung umgebaut werden
könne. In der Antwort des Ministers
heißt es, dass das Projekt im Gene-
ralverkehrsplan des Landes im vor-
dringlichen Bedarf enthalten ist. Al-
lerdings sei eine Finanzierung frü-
hestens im nächsten Doppelhaus-

halt 2002/2003 möglich. Auswir-
kungen auf die Verkehrsbelastung
auf der L 1140 dürften allerdings
noch weitere Projekte haben, die
derzeit heftig diskutiert werden,
heißt es in einer Pressemitteilung.
"Bei der Diskussion über die
Westrandstraße für Ludwigsburg
und den geplanten Nord-Ost-Ring
wird deutlich, dass dann die Lan-
desstraße im Süden Möglingens
und der vorhandene Autobahnan-
schluss Ludwigsburg-Süd die Ver-
kehrszuwächse nicht mehr auffan-
gen können", meinte Weigele. "Bei
einem Ausbau der Autobahnan-
schlussstelle müsste der Anschluss
nach Süden verlegt werden, weil
sonst die Belastung für die angren-
zenden Wohngebiete zu groß wer-
den würde", forderte er. Zudem sei
ein vierspuriger Ausbau der L 1140
im Generalverkehrsplan des Landes
enthalten, diese müsste dann eben-
falls weiter nach Süden verlegt wer-
den.
Für Walter ist das noch Zukunfts-
musik: "Wenn man bedenkt wie
viele Straßenbauprojekte, die be-
reits im dringlichen Bedarf enthal-
ten sind, noch finanziert werden
müssen, kann man heute noch
nicht absehen, bis wann ein weite-
rer Ausbau rund um Möglingen
spruchreif ist." Walter ist überzeugt:
,,Wir könnten mit zahlreichen Maß-
nahmen zur Förderung der um-
weltverträglichen Verkehre eher er-
reichen, den Verkehrzuwachs zu
stoppen. Dann könnte auf manche
neue Straße verzichtet werden."
Damit brachte er das umstrittene
Thema "Reaktivierung der Bahnli-
nie nach Markgröningen" ins Ge-
spräch. Der Möglinger Gemeinde-
rat hatte sich erst kürzlich gegen
dieses Projekt ausgesprochen. Die
Mehrheit der Räte befürchtet Nach-
teile für die Busverbindungen. Wei-
gele sagte im Gesprach mit den
Grünen-Vertretern jedoch zu, dass
er noch eine ergänzende Stellung-
nahme, in der die noch offenen
Fragen zum Buskonzept beantwor-
tet werden sollen, abwarten wolle.
Sobald die noch ausstehenden In-
formationen vorliegen, werde man
sich in Möglingen noch einmal un-
voreingenommen mit dem Projekt
befassen.

Copyright © LKZ 13.12.2000


Leserbriefe

Nicht umweltgerecht

Wolfgang Förster, xxxxxxxx
xxxxxxx, Karlsruhe, befasst
sich mit der geplanten Reaktivie-
rung der Bahnstrecke nach Mark-
gröningen.

Als häufiger Ludwigsburg-Besu-
cher beobachte ich schon lange das
nun schon Jahre währende Hin und
Her im Bemühen um eine Reakti-
vierung der Bahnstrecke nach
Markgröningen. Obwohl dieses
Vorhaben im Sinne einer Steige-
rung der Attraktivität des öffentli-
chen Schienen-Personen-Nahver-
kehrs und einer Entlastung der
Straßen vom Kraftverkehr ganz of-
fensichtlich sinnvoll und richtig ist,
werden allen diesbezüglichen Be-
mühungen immer wieder Steine in
den Weg gelegt.
Da werden angebliche Gründe
zugunsten des Gemeinwohls ins
Feld geführt, die bei näherem Hin-
sehen jedoch eher Eigeninteressen
entspringen und eine umweltge-
rechtere Verkehrslösung verhindern
wollen. Mir scheint, dass sich leider
auch Entscheidungsträger nur allzu
leicht von solchen Kreisen beein-
flussen lassen, anstatt sich mutig
für eine zukunftssichere Entschei-
dung für die Schiene einzusetzen
und diese auch öffentlich zu vertre-
ten.

Während anderswo - wie zum
Beispiel in Karlsruhe, wo ich wohne
der Schienennahverkehr immer
attraktiver geworden ist und von
immer mehr Menschen genutzt
wird, indem Stadt und Land immer
besser miteinander verbunden wer-
den, verhindern hier Bedenkenträ-
ger mit immer neuen Gegenargu-
menten und Vertreter eigennütziger
Interessengruppen eine lange fälli-
ge Entscheidung zugunsten einer
umweltfreundlichen Lösung eines
öffentlichen Verkehrsbedürfnisses.
Warum soll denn der Bahnstre-
cke Ludwigsburg-Markgröningen
nicht auch solch ein Erfolg beschie-
den sein wie anderen inzwischen
reaktivierten Bahnstrecken in der nä-
heren Umgebung, wie etwa Schorn-
dorf - Rudersberg, Böblingen - Det-
tenhausen und Tübingen -Herren-
berg?

Copyright © LKZ 20.12.2000


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[ Letzte Aktualisierung 14.01.2001 Gerald Stempel ]