Härtsfeldbahn-Anzeiger

Ausgabe 2/2003

Unsere Dampflokomotive 12 wird 90

ein Produkt der Maschinenfabrik Esslingen

Als die Maschinenfabrik Esslingen im Dezember 1913 die beiden Dampflokomotiven 11 und 12 an die Härtsfeldbahn ablieferte, dachte wohl kaum jemand daran, dass eines Tages eine davon ihren neunzigsten Geburtstag in betriebsfähigem Zustand feiern könnte.
Rechtzeitig zu diesem denkwürdigen Ereignis ist nun eine Broschüre erschienen, die über die Geschichte der beiden Loks, ihren Einsatz bei der Härtsfeldbahn, ihre Zeit als Denkmal und ihre Aufarbeitung bei der Härtsfeld-Museumsbahn berichtet.

50 Jahre lang standen beide Loks bei der Härtsfeldbahn im Einsatz. Glücklicherweise blieben beide als Denkmal in Neresheim bzw. als Kinderklettergerät in Heidenheim erhalten. Lok 12 kehrte 1986 nach Neresheim zurück, wurde dort betriebsfähig aufgearbeitet und ist heute der Star auf der Härtsfeld-Museumsbahn. Lok 11 wurde 1995 auf die Gleise der Härtsfeld-Museumsbahn geholt und soll eines Tages auch wieder dampfen.

Doch was wären die Loks ohne die zugehörigen Wagen. Mit zwei Personenwagen von 1896, vier Rollböcken (1897 – 1901) und einem uralten regelspurigen Güterwagen von 1868 (!) findet man in Neresheim gleich mehrere Eisenbahn-Fahrzeuge, die wie die Loks von der Maschinenfabrik Esslingen (ME) gebaut wurden.
Nachdem in den vergangenen zwei Jahren über die Geschichte des Esslinger Lokomotivbaus berichtet wurde, soll nun noch ein Blick auf die Abteilung Wagenbau geworfen werden:

"Der Wagenbau bildete namentlich in den ersten Jahrzehnten einen der Hauptfabrikationszweige. Die großen vierachsigen Wagen nach amerikanischem Muster wurden von württembergischem Holz gebaut und es rollen noch heute viele derselben auf unserer Bahn. Im Laufe der Jahre musste aber mehr und mehr der Bau von Personenwagen eingeschränk und zu dem von Güterwagen übergegangen werden. Die Konkurrenz trat hier noch stärker auf, als im Lokomotivbau."

So charakterisierte Generaldirektor A. Gross 1897 die Bedeutung des Wagenbaus bei der ME anlässlich des 50. Betriebsjahres der Maschinenfabrik Esslingen. Bis dahin wurden rund 8.000 Eisenbahnwagen gebaut und abgeliefert. Zurückblickend kann festgestellt werden, dass diese Aussage auch für die Jahrzehnte danach Bestand hatte, wobei es durchaus auch schlechte Jahre für den Wagenbau gab.

1847 14 Tage nach der am 1. März 1847 erfolgten Betriebseröffnung der ME verlässt der erste vierachsige Personenwagen II. Klasse für die K.W.St.E. das neue Werk. Der Wagen weist bereits das Konstruktionsprinzip des Durchgangssystems mit Mittelgang auf, das sich in den folgenden Jahren vorzüglich bewähren wird.
1850 Es konnten nur 24 Wagen geliefert werden.
1860 Die Langträger der Untergestelle werden fortan nicht mehr aus württembergischem Eichenholz, sondern aus Eisen gefertigt.
1864/1865 Lieferung von 150 Kohlewagen für die Pfälzische Ludwigsbahn (Verlustgeschäft).
Nach dem Verlustgeschäft von 1864/1865 entwickeln sich die folgenden zehn Jahre zu den erfolgreichsten Jahren der ME. "Es ist dies der Zeitpunkt, wo die Fabrik endgültig ihre Spitzenstellung auf dem Gebiet des Lokomotiv- und Wagenbaus festigt und zu einem der führenden Unternehmen Deutschlands auf diesem Sektor wird." (Heilwig Schomerus)
1865/1866 Bestellung und Ablieferung von 300 breitspurigen (1.524mm Spur) Güterwagen für die Bahn Odessa - Elisabethgrad
1868 Ablieferung der ersten acht zweiachsigen Doppelstockwagen Nr. 1-8, sog. Imperialwagen für die Stuttgarter Pferde-Eisenbahn-Gesellschaft (SPE); eine Vorgängerin der heutigen SSB. Damit ist die ME einer der ersten Hersteller von Straßenbahnwagen.
1885-1929 Bau von 29 Seilbahn-Anlagen für Personen-beförderung. U.a. Ems - Malberg, Durlach - Turmberg (beide 1887), Wiesbaden - Neroberg (1888), Heidelberg – Schloss – Molkenkur (1889), einige Bahnen in Lissabon (1885, 1890/1891), Wildbad - Sommerberg (1908), Erdmannsdorf - Augustusburg (1911), Merkurbahn in Baden-Baden (1913) und Stuttgart-Heslach – Waldfriedhof. Auf diesem Gebiet nimmt die ME eine Art Monopolstellung ein. Die Stuttgarter Standseilbahn fährt seit 1929 nahezu unverändert, muss aber am 3. November 2003 aufgrund der Katastrophe bei der Bahn zum Kitzsteinhorn (10. November 2000) stillgelegt und für ca. 3 Millionen Euro aufwändig modernisiert werden.
1885 Aufnahme des Baues von Rollböcken der Bauart Langbein. Die Rollböcke werden "ohne und mit irgend einer gebräuchlichen durchgehenden Bremse" gebaut. Die erste Lieferung erfolgt an die Kgl. Sächsische Staatsbahn, Chemnitz. Vom Verein deutscher Eisenbahn-Verwaltungen wird diese Fahrzeugerfindung wegen ihrer äußersten Einfachheit, Billigkeit und Betriebssicherheit preisgekrönt. Bereits 1911 sind 240 Paar Rollböcke an die verschiedenen Besteller abgeliefert. Die Fertigung endet vermutlich 1946. Über 400 Paar Rollböcke sind bis dahin mit den Spurweiten 693 mm, 750 mm, 900 mm, 950 mm und 1.000 mm gefertigt worden.
1891 Erstmals werden dreiachsige Personenwagen gefertigt.
1896 Lieferung von zwei Zahnradbahn-Beiwagen für Stuttgart - Degerloch unter der F.Nr. 7826 und 7827 (FBG Nr. A3 und A4). Der Wagen A3 erhielt 1934 die SSB-Nr. 117. Er kam 1992 nach Neresheim und steht heute als Personenwagen HMB 1 im Einsatz. Auch Wagen A4 (später SSB 116) befindet sich in Neresheim. Seit 1996 wartet er dort auf seine Aufarbeitung. Von den normalen Eisenbahnwagen unterscheiden sich die Zahnradbahnwagen nur durch die Zahnradbremse, d.h. durch die Anbringung von Zahnrädern auf den Achsen, die durch Bremsbacken abgebremst werden.
1902 Ablieferung des 10.000. Wagens der ME, ein vierachsiger Schnellzugwagen der Gattung (Litera) ABCCü für die K.W.St.E.. Dort trug er die Nr. 1836.
1902-1918 Bau und Ablieferung verschiedenster Wagenbauarten, wie Personen-, Güter- und Spezialwagen, sowie Wagen für Feld- und Militärwagen in sämtlichen Spurweiten.

(Fortsetzung folgt)

Dietrich Adolf Braitmaier, Jürgen Ranger

Gleisbau
aktuell

Den Winter über erfolgte die Reinigung und teilweise Erneuerung der Einläufe unserer Durchlässe. Ein Großteil des Bewuchses entlang der Strecke wurde behutsam zurückgeschnitten.
Eine Gleisstopfmaschine wurde aufgearbeitet. Sie wird die Gleisunterhaltung deutlich erleichtern.
Eine neue Treppe in der Untersuchungsgrube erleichtert nun den Zugang.
Kurz vor Saisonbeginn wurden die abgängigen Schwellen zweier Joche im Bahnhof Neresheim ausgetauscht.
Schließlich konnte eine für den Bahnhof Sägmühle geplante Wellblechbude ausfindig gemacht und aufgearbeitet werden.

Neues von unseren Fahrzeugen

Dampflokomotive 12

Die Lager der Treib- und Kuppelstangen wurden erneuert.

Triebwagenanhänger TA 101

Die Aufarbeitung des Original-Härtsfeldbahn-Beiwagens konnte weitgehend abgeschlossen werden. Zusammen mit Triebwagen T 33 wird damit in der Saison 2004 eine stilreine Zug-Garnitur für den Museumsbahnbetrieb zur Verfügung stehen. Aber auch für den Dampfzug stellt der Wagen eine sinnvolle Ergänzung dar.

Personenwagen HMB 5

Die Aufarbeitung des Wagenkastens macht gute Fortschritte. Trotz widriger Witterung konnte das Gebälk und die Verblechung einer Längsseite erneuert werden. Auch an der Innenverkleidung wurde bereits begonnen.

Neuzugang: Arbeitswagen Xw 209

Von der Stuttgarter Straßenbahnen AG konnte im Mai deren Arbeitswagen 2099 übernommen werden. Das 1969 auf dem Fahrgestell eines 1950 erbauten Beiwagens aufgebaute kompakte Fahrzeug verfügt über eine nach zwei Seiten kippbare Lademulde und einen Kran. Es wird nach Abschluss einiger notwendiger Arbeiten wertvolle Dienste im Gleisbau leisten.

An den betriebsfähigen Fahrzeugen wurden Fristarbeiten und kleinere Erhaltungsmaßnahmen durchgeführt.


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[ Letzte Aktualisierung 13.07.2002 Gerald Stempel ]