Härtsfeldbahn-Anzeiger

Ausgabe 2006

100 Jahre Ballmertshofen – Dillingen/Donau

Am 3. April 1906 war es endlich soweit: Die Härtsfeldbahn konnte vollendet werden. Beinahe fünf Jahre hatte es gedauert, bis nach dem württembergischen Teil Aalen – Neresheim – Ballmertshofen auch der bayerische Teil mit den Stationen Reistingen, Ziertheim, Wittislingen, Zöschlingsweiler, Lauingen und Hausen bis nach Dillingen/Donau eröffnet wurde.
Bemühungen um den bayerischen Teil der Härtsfeldbahn gab es bereits im September 1891. Damals nahm Dillingens Bürgermeister Kügle Kontakt mit Oberamtmann Lang in Neresheim auf und bat darum, als Anschlußpunkt zur Donautalbahn die Stadt Dillingen zu wählen.
Fünf Jahre später gründete sich in Lauingen ein Eisenbahnkomitee, das die Erbauung einer Nebenbahn von Lauingen nach Dattenhausen forderte. Daraufhin gründete sich auch in Dillingen ein Komitee, das die Erbauung einer Bahn nach Dillingen zum Ziel hatte.
Am 7. März 1897 kam es in Neresheim zu einer Versammlung mit über 400 Teilnehmern. Anwesend waren u.a. die Landtagsabgeordneten Rembold (Aalen) und Vogler (Neresheim) sowie die Stadtvorstände von Aalen und Dillingen. Es wurde eine Resolution für eine Linie Aalen - Neresheim mit einer Fortsetzung ins Bayerische verfasst
Während in den folgenden Jahren im Württembergischen die Strecke geplant und gebaut wurde, wurden im Bayerischen beide konkurrierenden Projekte weiter verfolgt. Erst am 1. Dezember 1903 einigten sich Dillingen und Lauingen auf eine Streckenführung über Lauingen mit einem Staatsbahnanschluss in Dillingen.
Damit konnte nun endlich gebaut werden. Am 10. August 1904 trat das Gesetz zum Bau und Betrieb der Lokalbahn Dillingen – Ballmertshofen in Kraft. Am 8. April 1905 erhielt die Badische Lokal-Eisenbahn AG die Konzession zum Bau und Betrieb der Schmalspurbahn von Dillingen bis zur Landesgrenze bei Ballmertshofen. Die Konzession für den knapp einen Kilometer langen Abschnitt auf württembergischen Gebiet folgte am 28. Juli 1905.
Schon am 25. Mai 1905 war bei Wittislingen mit den Bauarbeiten begonnen worden. Diese kamen gut voran, denn entgegen dem in Handarbeit erbauten ersten Teil wurden nun Feldbahnen und Steinbrechmaschinen eingesetzt. Etwa 420 Arbeiter waren mit dem Bahnbau beschäftigt. Kurz vor Weihnachten 1905 war die Bahn weitgehend fertiggestellt und man nahm den 15. Januar als Eröffnungstermin in Aussicht.
Doch bei einer Bereisung wurde festgestellt, dass die in Dillingen verlegten Normalspurgleise nicht dem geforderten Profil entsprachen. In ganz Bayern wurden nun passende Schienen zusammengesucht und die Anlagen umgebaut. Schließlich war es soweit. Am 24. März 1906 erfolgte die Bahn-Abnahme, am 3. April wurde groß gefeiert und am 4. April begann der Regelbetrieb.
Nur noch wenige Härtsfeldbahn-Relikte finden sich heute in Bayern. Bis auf Dillingen sind sämtliche Gebäude verschwunden. Der Bahndamm wurde teilweise zu einem Radweg umgestaltet. Kaum noch zu finden sind die Reste einiger Brückenlager. Schließlich findet sich in Wittislingen ein verschlossener Durchlass, durch den früher eine kleine Feldbahn zu einem Steinbruch führte.

Jürgen Ranger

50 Jahre Fuchs-Triebwagen T 30 und T 31

„Füchsle“ wurden die beiden Triebwagen genannt. Das sagt eigentlich fast schon alles: Die H. Fuchs Waggonfabrik AG in Heidelberg war der Hersteller. Der Spitzname bezieht sich aber auch auf die gelungene schlaue Konstruktion und das zeitlose Design.
Die beiden Triebwagen waren wahre Allzweckkünstler. Mit 43 bequemen Sitzplätzen im Personenabteil, einem Abort und einem 11 m2 großen Packabteil waren sie für den Tagsüber-Verkehr ausreichend dimensioniert. Bei Fahrgastandrang wurde das Sitzplatzangebot durch Triebwagenanhänger ergänzt.
Vier Antriebsanlagen mit je 150 PS trieben jede Achse einzeln an. Das machte die Triebwagen zu den am stärksten motorisierten Schmalspurfahrzeugen in Deutschland. Um die Anlagen unterzubringen wurden die beiden Drehgestelle ganz an die Fahrzeugenden gerückt. Dies hatte auch den Vorteil, dass die Fahrzeugenden kaum ausscherten und so dank der Normalspur-Zug- und Stoßvorrichtungen aufgebockte Güterwagen direkt gekuppelt werden konnten.
Beide Triebwagen wurden am 4. Oktober 1954 bestellt. Als erstes Fahrzeug traf T 31 am 29. März 1956 in Aalen ein. Seine Abnahme erfolgte am 20. April. T 30 folgte am 9. Mai und wurde am 12. Mai in Betrieb genommen.
Am 1. Mai 1964 stießen beide Fahrzeuge bei Katzenstein frontal zusammen. Nach umfangreichen Karosserie-Arbeiten wurde T 31 am 25. Mai 1965 und T 30 am 10. November 1966 wieder in Betrieb genommen. Nach 760.000 km bzw. 779.000 km Laufleistung wurden T 30 und T 31 nach Einstellung der Härtsfeldbahn am 6. Juni 1973 im Neresheimer Lokschuppen abgestellt.
Erst im Februar 1976 wurden sie zur Nebenbahn Amstetten – Laichingen transportiert. Dort ging T 30 am 30. Mai 1976 in Betrieb. T 31 folgte erst am 5. Juni 1981.
Nach Einstellung auch dieser Bahn am 31. August 1985 trennten sich die Wege der beiden Füchsle. T 31 kam über einen Zwischenhändler Ende 1986 an eine Gleisbaufirma für einen Einsatz in Malaysia. Sein weiteres Schicksal ist unklar. T 30 wurde am 25./26. Mai 1987 nach Neuffen als Ersatzteilspender transportiert, gelangte dann aber am 30. Juni 1989 zur Brohltalbahn, wo er seit dem 29. September 1989 im Einsatz ist.

Jürgen Ranger

Das Bahnhofsgebäude Dischingen ist unser!

Im Herbst 2005 konnte der Härtsfeld-Museumsbahn e.V. (HMB) das letzte im Originalzustand erhaltene Bahnhofsgebäude der Härtsfeldbahn erwerben. Dessen Geschichte kann anhand im Härtsfeldbahn-Archiv vorhandener Unterlagen gut nachvollzogen werden:
In der Beschreibung der Bahnanlage vom 1. September 1900 wird der Bahnhof Dischingen wie folgt beschrieben: „Neben der Strasse liegend, erreicht die Bahn bei km 35+600 den Bahnhof Dischingen, nachdem sie unmittelbar vorher in Schienenhöhe die Strasse überschritten hat. Der Bahnhof Dischingen (474,00 m über N.N.) erhält ein Dienst- und ein Nebengebäude, sowie einen Güterschuppen nebst Rampe und Verladeplatz mit Verladegleisen.“ Die Errichtung des Dienstgebäudes mit Warte-, Dienst-, und Gepäckraum, Wohnung und angebautem Güterschuppen (einschl. Herd und Öfen) wurde mit 15.500,- Rmk. veranschlagt.
Am 6. Oktober 1900 wurden die Entwürfe der Hochbauten an das Königliche Ministerium zur Genehmigung gesandt. Darunter befand sich auch die Bauzeichnung „Bahnhofbauten der Type II“ der Architekten Beisbarth & Früh, Stuttgart. Solche Gebäude wurden in Neresheim, Dischingen und Ballmertshofen sowie bei der Linie Reutlingen – Gönningen in Gomaringen und Gönningen errichtet, wobei abgesehen vom Dischinger Gebäude alle anderen seitenverkehrt ausgeführt wurden.
Mit dem Bau des Bahnhofs wurde im Frühjahr 1901 begonnen. Bereits im Juni waren die Maurerarbeiten nahezu beendet. Es folgten die Zimmer-, Dachdecker- und Klempnerarbeiten sowie die Beschaffung der Ausrüstungsgegenstände Die letzten Arbeiten am Bahnhof konnten rechtzeitig zur Eröffnung der Härtsfeldbahn am 30. Oktober 1901 erledigt werden.
Die Jagstzeitung berichtete damals: „Auf der Haltestelle Katzenstein war nur kurzer Aufenthalt, dagegen fand in Dischingen wieder ein sehr schön arrangierter Empfang statt.“
Im Lauf der Jahre wurde die Wohnung vergrößert, indem ein Teil des Warteraums abgeteilt und im Dachgeschoss eine Kammer eingebaut wurde. Durch die Errichtung einer überdachten Laderampe von der Güterhalle bis zum Hauptgleis konnte auf ein Abstellgleis verzichtet werden.
Die letzte Bahnagentin Agnes Schuler kaufte nach der Einstellung der Härtsfeldbahn Ende 1972 am 16. Februar 1976 das Empfangsgebäude. Sie nahm abgesehen von zwei kleinen Anbauten keine Veränderungen vor. Selbst die Diensträume im Erdgeschoss blieben – einschließlich der Fahrpläne von 1972 – unverändert.
Nach dem Tod von Frau Schuler wurde das Gebäude 1999 von den Erben an einen Privatmann verkauft. Seit dem 16. September 2005 gehört es nun dem HMB. Kurz darauf wurde mit der Sanierung des Daches begonnen. Das Gebäude soll in den nächsten Jahren restauriert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Im ersten Stock wird ein Versammlungsraum eingerichtet. Das Dachgeschoss soll als Depot genutzt werden.

Jürgen Ranger

Dietrich Adolf Braitmaier †

Am 16. Juli 2005 starb der Stuttgarter Eisenbahnhistoriker, Sammler und Mitautor des Härtsfeldbahn-Anzeigers Dietrich Adolf Braitmaier nach langem schwerem Leiden.
Braitmaier wurde am 2. März 1935 in Stuttgart geboren. Sein Vater fiel im Krieg bereits 1940. Nachdem die elterliche Wohnung im September 1944 durch einen Fliegerangriff zerstört worden war, zog er mit seiner Mutter zur Großmutter in das nahe gelegene Tamm.
Schon früh entstand bei ihm eine besondere Liebe zu den Dampflokomotiven. Bereits als 13-Jähriger suchte er die Maschinenfabrik Esslingen (ME) auf. Dabei lernte er viele alte Lokomotivbauer noch persönlich kennen. Dies schaffte eine besondere Verbundenheit, so dass die ME und ihre Geschichte zu seinem besonderen Interessens- und Sammelobjekt wurden. Dabei weckten nicht nur die Maschinen und ihre Geschichte sein Interesse, sondern auch die Menschen, die hinter diesen Werken standen.
In vielen Veröffentlichungen zeigte er die Schönheit und die Besonderheiten der Eisenbahn in Württemberg.
Seine vielen Kontakte und seine ausgezeichnete Kenntnis über Geschichtsdaten, machten ihn zu einem gesuchten Berater für alle Belange württembergischer Verkehrsgeschichte. Als Sachverständiger im Fachgebiet Technikgeschichte (Sachgebiet Lokomotiven) des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg wurde er mit der Anfertigung von Gutachten beauftragt.
Seine besondere Liebe galt der schönen Württembegerin, der Lokomotiv-Klasse C (Baureihe 181), die schon den Zug auf seinem Schulweg nach Ludwigsburg führte. In mehreren Veröffentlichungen hat er dieser Lokomotivbaureihe ein würdiges Denkmal gesetzt.
Ein besonderes Anliegen war für ihn auch die Erhaltung der beiden Härtsfeldbahn-Lokomotiven 11 und 12 einschließlich der betriebsfähigen Aufarbeitung mindestens einer dieser Loks. Schließlich hatte er in seiner Jugend deren Konstrukteur Dr.-Ing. Max Mayer noch persönlich kennen und schätzen gelernt. Dank seiner gutachterlichen Tätigkeit gelang es, die Lok 12 wieder in Betrieb zu setzen.
Neben der Eisenbahn galt sein Interesse seiner Heimatstadt Stuttgart. Er war ein exzellenter Kenner der Stadtgeschichte und interessanter Gesprächspartner, der ein ausgezeichnetes Gedächtnis über Personen und der damit verbundenen Anekdoten hatte.
Ein letztes Werk über das Schaffen des Industriepioniers Emil Kessler, dem Begründer des Lokomotivbaus in Karlsruhe und Esslingen, blieb leider unvollendet.
Zu allen diesen Sachgebieten baute er in vielen Jahren ein bedeutendes Dokumenten- und Bildarchiv auf, das als Quelle von vielen Historikern genutzt wurde. Dieses soll nun u.a. im Wirtschaftsarchiv Hohenheim der Nachwelt erhalten bleiben.

Rudolf Röder, Jürgen Ranger

Gleisbau aktuell

Es ist kaum zu glauben, aber ein Original-Wasserkran der Härtsfeldbahn steht jetzt wieder in Neresheim. Ein Liebhaber hatte nach Einstellung der Bahn den Dillinger Wasserkran erworben, abgebaut und in der Gegend von Passau eingelagert. Zur beabsichtigten Aufstellung als Gartenschmuck kam es nicht mehr, denn schon bald nach Gründung des Härtsfeld-Museumsbahn e.V. entstand ein erster Kontakt und inzwischen konnte der Wasserkran übernommen werden. Nach der Aufarbeitung steht er nun in Neresheim und erfüllt wie Einst seinen Zweck.

Fahrzeugbestand und Stand der Arbeiten an unseren Fahrzeugen

Dampflokomotive 11 (ME 3710/1913)

Dampflokomotive 12 (ME 3711/1913)

Die Lokomotive ist betriebsfähig.

Triebwagen T 33 (Wismar 20233/1934, Modern. 1964)

Der Triebwagen soll nach einer fälligen Hauptuntersuchung rechtzeitig zum Beginn der Fahrsaison 2006 wieder zur Verfügung stehen.

Triebwagen T 37 (MAN 145169/1960)

Nach Ausbau der Motor-Anlage II wurde der Büssing U11D-Motor komplett überholt.

Diesellokomotive D 4 (Jung 12022/1954)

Die Lok befindet sich seit 22. September 2005 in Neresheim. Sie fuhr bereits 1954 zur Probe auf dem Härtsfeld und kam dann nach Finnland. Von dort gelangte sie in die Schweiz zur Luzern–Stans–Engelberg-Bahn, wo sie in den letzten Jahren nur noch selten zum Einsatz kam. Der Transport wurde von der Firma Voith finanziert. Die Lok soll beim Wiederaufbau der Strecke Sägmühle – Katzenstein zum Einsatz kommen, aber auch als Einsatzreserve für Personenzüge dienen.

Triebwagenanhänger TA 101 (Herbrand 1901, Modernisierung 1955)

Der Triebwagenanhänger ist betriebsfähig.

Triebwagenanhänger TA 103 (wie TA 101)

Triebwagenanhänger TA 253 und TA 254 (SIG 1892, 1889)

Personenwagen HMB 1 (ME 1896)

Der Personenwagen ist betriebsfähig.

Personenwagen HMB 2 (ME 1896, Modern. 1927)

Personenwagen HMB 5 (Herbrand 1909)

Der Personenwagen kommt 2006 erstmals auf der Härtsfeld-Museumsbahn zum Einsatz.

Personenwagen HMB 6 (SIG 1888, Fahrgestell)

Personenwagen HMB 7 (SIG 1888)

Der Personenwagen ist betriebsfähig.

Bedeckter Güterwagen Gw 153 und offener Güterwagen Ow 301 und Ow 303 (Kelsterbach 1901)

Die Güterwagen sind betriebsfähig.

Pufferwagen 155 (Kelsterbach 1901)

Der optisch aufgearbeitete Güterwagen dient als Lager.

Hilfspackwagen 154 (Fahrgestell) und Bedeckter Güterwagen Gw 156 (Kelsterbach 1901) Rungenwagen Rw 322 (Herbrand 1899)

Rollböcke 2, 5, 6 und 24 (ME 1897 - 1912)

Der Rollböcke 2 und 5 sind als Arbeitsgeräte für den Schienentransport zum Wiederaufbau der Strecke zum Härtsfeldsee vorgesehen.

Schneepflug (ehemals für Triebwagen T 30/31)

Arbeitsgeräte:

Schotterwagen Ommt 184 (Talbot 1952, betriebsfähig)

Arbeitswagen Xw 209 (Fuchs 1950 / SSB 1969, in Aufarbeitung)

Aufenthaltswagen 4042 (SIG 1913, abgestellt)

Handhebeldraisine

Kleinfahrzeuge Klv 30, Kla 01

Drei Gleis-Stopfmaschinen

Mobilkran

Radlader

VW-Transporter


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[ Letzte Aktualisierung 08.01.2006 Gerald Stempel ]