Zeitzeugen: Pater Beda Müller OSB, Abtei Neresheim, 2006
Technik mit Herz
Erlebnisse mit der Härtsfeldschättere
Während des Krieges, den ich als Sanitäter in Russland
mitmachte, kam ich eines Tages auf der Fahrt in den Urlaub in Aalen an, wo
ich in die Härtsfeldbahn umsteigen musste. Aber die Abfahrt verzögerte
sich, eine Viertelstunde, eine halbe Stunde. Da versammelte sich
die männliche Belegschaft bei der Lokomotive und erkundigte sich, was
los sei. Der Lokführer erklärte, in der Heizschlange sei ein Löchlein,
so dass der Dampf austräte und kein Druck entstünde. Da konnte
einer den Rat geben: Da müsst ihr den Asbeschtlumpen
drumwickeln!. Ein Heizer ging in den Geräteschuppen und brachte
einen Asbestlappen. Der wurde mit einer langen Stange um die schadhafte
Stelle gewickelt. Und tatsächlich, es pfiff: Einsteigen!
Der Zug rollte an und es ging bis zur Haltestelle Unterkochen auf halber Höhe.
Da stockte die Fahrt. Man erkundigte sich: Was ist jetzt los?
Die Antwort: Dr Asbeschtlumpen isch ragfalle. Der musste also
wieder neu umgewickelt werden. Es pfiff: Eisteige! Mit Ach und
Krach ging es dann bis zur Höhe bei Ebnat. Von dort geht es langsam
bergab und man braucht nicht mehr viel Dampfdruck, so dass wir schließlich
mit arger Verspätung in Neresheim ankamen.
Während des Krieges waren die guten Maschinen im Fronteinsatz. In der
Heimat musste man sich mit der zweiten Garnitur begnügen.
Damals dauerte die Fahrt von Aalen nach Neresheim normal eineinhalb
Stunden. Unterwegs wurde in Bärenloh Holz aufgeladen. Dazu musste mit
dem ganzen Zug rangiert werden: Wagenlänge - halbe - Halt.
Das dauerte eine ganze Weile.
Im Personalabteil war eine Mitteilung zu lesen: Wegen
Benutzung des Aborts wende man sich an den Schaffner! Das WC befand
sich nämlich im Packwagen und der Übergang war etwas riskant, so
dass man nicht ohne Geleitschutz umsteigen durfte.
Beim Tode des langjährigen Lokführers Baur kam es zu einer denkwürdigen Begegnung. An der Stelle (Anfang der Kösinger Straße), wo der Trauerzug die Schienen der Bahn zu überqueren hatte, stand die Lok unter Dampf. Als der Sarg an ihr vorbei kam, ließ die Lok einen langen Pfiff ertönen als Abschiedsgruß an ihren alten Lokführer. Das ist doch Technik mit Herz!