Härtsfeldbahn-Anzeiger

Ausgabe 1/1997

Ein neuer Schienenstrang auf dem Härtsfeld
Der Oberbau der Härtsfeld-Museumsbahn

Ein wichtiges Element zum Betrieb einer Eisenbahn ist
das Gleis und die Gleisbettung, der sogenannte Oberbau.
Ohne Gleise wäre die Spurführung der Fahrzeuge nicht
gegeben, und man könnte nicht von einer Eisenbahn
sprechen. Von diesem wichtigen Teil der Härtsfeldbahn
ist leider nichts mehr vorhanden. Der beim Neubau der
Härtsfeld-Museumsbahn (HMB) verwendete Oberbau
unterscheidet sich von dem der ,,alten" Härtsfeldbahn in
einigen Punkten.

Beim Bau der Härtsfeldbahn im Jahre 1901 wurde
ein Norm-Profil der Westdeutschen Eisenbahn AG ein-
gebaut. Die Schienen wurden auf Unterlagplatten gestellt
und mit drei Schienennägeln auf den Schwellen befestigt.
Dieses Gleis ist erst im Zuge der Oberbausanierung in
den fünfziger Jahren gegen das schwerere Schienenprofil
S 24 nach DIN 5902 ausgetauscht worden. Dabei wurde
die Schiene mit drei Schwellenschrauben und einer grö-
ßeren Unterlagplatte auf den Schwellen befestigt. Das
Schienenprofil S 24 mit 24,43 kg/m ist bei der HMB nur
im Bahnhof Neresheim verlegt. Ab Weiche 5 wird in
Richtung Sägmuhle ein schwereres Gleis eingebaut.
Doch dazu sind zuerst umfangreiche Erdarbeiten not-
wendig.

Nach dem Ausschieben des Erdplanums mit vorge-
gebener Seitenneigung von 1:25 wird dieses durch Wal-
zen verdichtet. Die Neigung bewirkt, daß eindringendes
Wasser abfließt. Das Walzen verhindert ein Einsinken
der Gleise beim späteren Befahren. Auf das verdichtete
Erdreich wird eine ca. 15 cm hohe und 3,2 m breite
Zwischenschicht aus Mineralbeton, die Kalk-
Frostschutz- Tragschicht (KFT), eingebracht und ver-
dichtet. Der Mineralbeton verhindert eine gewisse Zeit
das Pflanzenwachstum auf der Trasse.

Nun folgt eine etwa 10 cm dicke Kalksteinschotter-
schicht (Körnung 40/60) ohne Seitenneigung, die mehr-
mals gewalzt wird, um ein Nachgeben des Planums beim
Stopfen des Gleises zu verhindern. Auf dieser ca. 2,8 m
breiten Unterlage können jetzt die ca. 80 kg schweren
Hartholzschwellen und Schienen verlegt werden.
Der Abstand von Schwellenmitte zu Schwellenmitte
beträgt 76 cm. Als Schienenbefestigung dient der soge-
nannte K-Oberbau. Bei diesem Befestigungssystem wer-
den auf der Schwelle zwei Rippenplatten mit je vier
Schwellenschrauben und beigelegtem Federring festge-
schraubt. Auf der Rippenplatte wird die Schiene in die
vorhandene Aussparung gesetzt, mit zwei Bügelklemm-
platten fixiert und mit Hakenschrauben mit doppeltem
Federring gegen die Rippenplatte geschraubt. Diese
mittelbare Befestigung hat folgende Vorteile: große
Rahmensteifheit, geringe Unterhaltskosten, lange Le-
bensdauer und gute Verspannung der Schienen.
Auf der Strecke wird zum großen Teil die Schienenform
S 41 mit 40,93 kg/m, auf kurzen Abschnitten auch die
Schienenform S 49 mit 49,43 kg/m verwendet. Die ein-
zelnen Schienen werden mittels Flachlaschen miteinander
verschraubt. Nach Ausrichten des Gleises wird Kalk-
steinschotter bis Schienenoberkante aufgeschüttet und
das Gleis mit der Stopfmaschine ca. 15 cm gehoben und
unterstopft.

Das auf diese Weise erstellte Gleis findet sich auch
auf einigen Hauptgleisen der Deutschen Bahn AG. Der
HMB e.V. verspricht sich von diesem Streckenbau eine
längere Zeit ohne große Unterhaltmaßahmen während
des zukünftigen Museumsbetriebes.

Dietmar Fischer

Ein Jubiläum der Härtsfeldbahn:
Die Landtagsentscheidung vom Mai 1897

Die Zeitrechnung von Eisenbahnstrecken beginnt übli-
cherweise mit dem Tag ihrer Eröffnung. Die Freunde der
Härtsfeldbahn können aber auch 1997 auf ein bedeutsa-
mes Jubiläum zurückblicken: Am 4. Mai 1897 fiel eine
wichtige Entscheidung zugunsten der Strecke im würt-
tembergischen Landtag.
Maßgeblich für den Wunsch zum Bau der Härtsfeld-
bahn war die wirtschafliche Lage der Region. Die
Landwirtschaft entwickelte sich nicht weiter, die Boden-
preise fielen, Einwohner wanderten ab: So läßt sich die
Situation kurz beschreiben. Es war naheliegend, durch
eine bessere Verkehrserschließung eine Veränderung der
Lage zu erhoffen. Solange sich aber Württemberg im
Nebenbahnbau grundsätzlich äußerst abwartend verhielt -
und dies war noch in den späten achtziger Jahren der Fall
- konnte die des öfteren geäußerte Hoffnung, das Härts-
feld ließe sich durch eine Eisenbahnlinie aus dem Ver-
kehrsschatten herausführen, nicht erfüllt werden.
Vor allem in den neunziger Jahren ging bei der würt-
tembergischen Regierung eine Flut von Petitionen zum
Nebenbahnbau ein. Nachhaltig durch den Neresheimer
Oberamtsbaumeister Kaspar Vogler gefördert, lag 1891
auch eine Petition zum Bau einer Schmalspurbahn von
Aalen über Neresheim nach Dischingen vor. Man dachte
daran, daß die Staatsbahn diese Strecke realisieren solle.
Das Projekt dieser Linie wurde von Anfang an nicht
nur mit Worten, sondern auch mit Taten in Stuttgart
propagiert. Schon 1892 lag ein von dem Stuttgarter
Hochschulprofessor Moritz Sapper ausgearbeitetes gene-
relles Projekt zum Bahnbau vor, das auch die ökonomi-
sche Situation und das erwartete Verkehrsaufkommen
behandelte.
1893 nahm die Härtsfeldbahn im Landtag die erste
parlamentarische Hürde, als man das Vorhaben der
Staatsregierung zur Kenntnisnahme übergab. Viel war das
zwar noch nicht, aber immerhin wies man das Projekt
nicht ab.
Die nächsten Jahre waren einerseits davon geprägt,
daß viele Nebenbahnprojekte vorlagen, daß die Regierung
und die Staatsbahn andererseits jedoch nur wenige reali-
sierten. Die Staatsbahn hatte an diesen unrentablen Ne-
benlinien kein Interesse.
Die wirtschaftliche Lage des Härtsfeldes verschlech-
terte sich weiter: Dies war letztlich der Auslöser dafür,
daß sich ein am 8. Februar 1897 datierter Bericht der
volkswirtschaftlichen Kommission des württembergischen
Landtags mit dem Projekt der Härtsfeldbahn auseinander-
setzte und zu einem positiven Fazit kam. Man erwartete
von der Bahn keine Gewinne, sondern eine wirtschaftliche
Stützung der erheblich benachteiligten Hochfläche.
Als sich ein positiver Entscheid zugunsten der Härts-
feldbahn abzeichnete, schaltete sich das Oberamt Heiden-
heim in die Diskussion ein und legte das Konkurrenzpro-
jekt einer Nebenbahn Heidenheim - Neresheim - Di-
schingen vor. Sieht man davon ab, daß dieser Vorschlag
mehrere Monate lang zu äußerst hitzigen Debatten führte,
brachte er keine neuen Impulse. Es blieb bei der Trasse
von Aalen oder Unterkochen über Neresheim nach Di-
schingen. Schon 1897 zeichnete sich ab, daß eine Verlän-
gerung nach Dillingen möglich wäre. Umstritten war
zunächst aber noch, ob die Bahn in Aalen oder Unterko-
chen beginnen sollte. Erst 1899 fiel die endgültige Ent-
scheidung zugunsten Aalens.

Am 4 Mai 1897 erfolgte im Stuttgarter Landtag die
Abstimmung über das Projekt der Härtsfeldbahn. Es war
zwar noch keine endgültige Bauentscheidung, aber mit ihr
wurde dem Projekt der Weg geebnet: Der Landtag
überwies der Regierung das Projekt ,,zur Berücksichti-
gung". Es handelte sich demnach um eine Bauempfeh-
lung, nachdem zweifelsfrei nachgewiesen worden war,
daß der Bahnbau sinnvoll und wichtig sei. Auf dem
Härtsfeld schätzte man die Bedeutung der Abstimmung
richtig ein. Das Dillinger Tag- und Anzeigblatt meldete
beispielsweise am 9. Mai 1897: ,,Gestern in der Frühe
erhielten wir von unserm um die Erbauung einer Härts-
feldeisenbahn unermüdlich thätigen Landtagsabgeordne-
ten Vogler telegraphisch die erfreuliche Nachricht, daß
die Kammer die Härtsfeldbahn genehmigt habe. Im Nu
waren die Häuser der hiesigen Stadt beflaggt; Böllersal-
ven verkündigten dem Härtsfeld das freudige Ereignis;...
Gewiß harrt keine Gegend so sehnsüchtig einer Eisenbahn
entgegen als das Härtsfeld; möge dasselbe baldigst mit
derselben beglückt werden!"

Andreas M. Räntzsch


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[ Letzte Aktualisierung 26.02.97 Gerald Stempel ]